24.02.2025

Nur ein starker Sozialstaat kann unsere Gesellschaft zusammenhalten

Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, äußert sich zum Ausgang der Bundestagswahl.

„Ich gratuliere der CDU zum Wahlsieg und appelliere nun an die demokratischen Parteien, zügig eine stabile Regierung zu bilden. Der Ton im Wahlkampf war rau und stark polarisierend. Dies hat letztlich nur einer Partei geholfen: Der AfD. Nun müssen Vernunft und Maß einkehren, damit gute Lösungen für Deutschland gefunden werden können. Dabei steht für mich fest: Nur ein starker Sozialstaat kann unsere Gesellschaft zusammenhalten. Dafür werden wir uns als Diakonie bei der Politik einsetzen.

Wir stehen vor großen Herausforderungen. Es geht neben den Fragen um die innere und äußere Sicherheit auch darum, die wirtschaftliche Entwicklung anzukurbeln. Migration und deren Ausgestaltung spielen dabei eine wichtige Rolle. Denn wir brauchen Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt. Die Bedeutung der Migration für den Bereich der Pflege und der Krankenhäuser ist immens. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass wir eine positivere Einstellung zu geregelter Migration benötigen und alles dafür tun müssen, dass die Menschen, die zu uns kommen, Teil unserer Gesellschaft werden können. Dazu gehört ein engagiertes Integrationsmanagement, Sprachkurse in ausreichender Zahl und einen schnellen Zugang zur Arbeitswelt. Das fördert die Selbstständigkeit und die Integration in vielerlei Hinsicht.

Themen, die während des Wahlkampfs kaum eine Rolle gespielt haben, müssen jetzt angegangen werden. So muss die Finanzierung der Pflegeversicherung dringend grundlegend neu geregelt werden. Pflege ist ein erhebliches Armutsrisiko.

Eine weitere Entwicklung der Krankenhausreform ist nötig. Die Gesundheitsversorgung steht derzeit auf der Kippe. Übergänge müssen gestaltet werden. Eine ungesteuerte kalte Marktbereinigung wird die Krankenhauslandschaft schwächen. Insbesondere die freigemeinnützigen Krankenhäuser benötigen eine verlässliche Zwischenfinanzierung, bis die Krankenhausreform greift.

Deutschland ist ein reiches Land, nach wie vor. Dass Kinderarmut und die fehlende Chancengerechtigkeit kaum eine Rolle im Wahlkampf spielten, ist schwer zu verstehen. Auch hier braucht es gemeinsame Anstrengung, damit wir junge Menschen nicht schon in den ersten Lebensjahrzehnten verlieren. Investitionen in den Bildungsbereich und die Eröffnung von Chancen für Jugendliche muss die neue Regierung dringend fördern. Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dass jedes Jahr rund 47.000 Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen. Da ist der Weg in die Armut und oft auch in den Leistungsbezug fast schon vorprogrammiert. Wer die Zahl der Bürgergeldempfänger*innen reduzieren will, muss in die Zukunft von Kindern investieren.“