Wie ein angehender Jurist in der Pflege sein Glück fand
Arsene Fredy Nshinha ist Pflegeschüler im Neustädter St. Nicolaistift
„Hallo Fredy!“ – Wenn Arsene Fredy Nshinha im St. Nicolaistift seine Runde dreht, ist die Freude im Raum spürbar. Der groß gewachsene Mann aus Kamerun, den alle hier nur Fredy nennen, ist beliebt bei den Bewohner*innen des Neustädter Altenzentrums. Kein Wunder: Der 33-Jährige hat immer ein Lächeln auf den Lippen und für jeden ein freundliches Wort.
Seit fünf Jahren lebt er in Deutschland – und hatte eigentlich mal ganz andere Pläne als den, Altenpfleger zu werden. In seiner Heimat hatte er Jura studiert, und das wollte er auch in Deutschland machen. „Aber dann habe ich meinen Deutsch-Kenntnissen nicht vertraut, wollte erstmal das System hier verstehen, was Praktisches machen und Leute kennenlernen“, sagt er in fließendem Deutsch. „Außerdem habe ich gemerkt, dass es in Deutschland für fast alles ein Gesetz gibt und die Gesetze lang sind“, sagt er und lacht.
Da hat ihm eine Freundin von ihrer Ausbildung in der Pflege erzählt. „Das klang erst wie ein großes Abenteuer“, erinnert sich Fredy. Denn in seiner Heimat gibt es so etwas wie Pflegeheime nicht, „da machen wir alles in der Familie, ganz ohne Strukturen“. Schnell war für ihn klar: „Das hier ist toll, das mache ich auch.“ Jetzt, drei Jahre später, steht er schon am Ende seiner Ausbildung und ist sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben: „Jedes Mal, wenn ich nach der Arbeit nach Hause gehe, habe ich ein gutes Gefühl. Ich konnte den Menschen vernünftig helfen. Das ist das Schönste.“
Natürlich gebe es auch traurige Momente in seinem Beruf, sagt er. Ganz am Anfang habe er eine alte Dame kennengelernt. „Sie hat mich immer gefragt, wie es mir geht, wie es meiner Familie geht. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Ich war so traurig, als sie eines Tages gestorben war, da konnte ich nicht professionell bleiben.“ Erst mit der Zeit habe er gelernt, die Menschen emotional nicht ganz so nah an sich heranzulassen. „Das ist gar nicht leicht.“
Auch Siegfried Richter hat er schon zu Beginn seiner Ausbildung kennengelernt. „Eigentlich wollte ich Richter werden, dann traf ich Herrn Richter – so passte wieder alles“, sagt Fredy und lächelt sein herzliches Fredy-Lächeln, als er das Zimmer des Seniors betritt. „Hallo Fredy, mein Verein hat gewonnen, und deiner auch“, begrüßt der ihn. „Wir waren uns gleich sympathisch, sind beide Dortmund-Fans, das hat gleich gepasst“, erinnert sich Richter an die ersten Begegnungen mit seinem Pfleger. „Fredy ist ein Mann wie ein Baum, das hat mir gefallen.“
Vielleicht, sagt Fredy, will er später noch Pflege-Wissenschaft studieren und selbst die künftigen Pflegekräfte ausbilden. Doch das habe noch Zeit, sagt er, scherzt noch kurz mit Siegfried Richter und geht zum Zimmer von Ilse Hogrefe. „Fredy, du bist mein Freund“, begrüßt sie ihn und breitet gleich die Arme aus. „Und du bist meine Freundin“, antwortet der Pflegeschüler und nimmt die alte Dame liebevoll in den Arm. Momente wie diese sind es, die ihn glücklich machen. „Natürlich hätte ich als Jurist mehr verdient. Aber den alten Menschen helfen zu können und ihre Dankbarkeit zu spüren, das ist einfach das Schönste und Wichtigste für mich.“